Die Vision von Simon Salzgeber: Lokale Wertschöpfung, Strom und Wärme
Unter der Führung von Simon Salzgeber entsteht in S-chanf eines der interessantesten Holzverstromungsprojekte der Schweiz. Anex unterstützt das nachhaltige Projekt planerisch und finanziell. Die beeindruckende Geschichte eines Pioniers.
Simon Salzgeber war schon immer begeistert von erneuerbaren Energien. Seine Holzbaufirma, Salzgeber Marangun, hatte bereits 1997 in S-chanf eine thermische Solaranlage bei sich auf dem Dach. Doch damit nicht genug. Der Unternehmer hatte weitaus Grösseres vor.
«Ich sage immer, es war Dummheit oder Naivität, vielleicht auch ein bisschen Optimismus.»
Schon früh kam ihm die Idee eines Fernwärmenetzes, das aus den Holzabfällen des eigenen Betriebes und aus der Region zur Wärmeerzeugung nutzt. 2005 erfolgte dann die erste Studie. Simon Salzgeber erwartete, dass die Anlage nach dem Bau innert maximal fünf Jahren rentabel sein wird. Mit dieser Erwartung lieferte das Fernwärmenetz 2010 das erste Mal Wärme. Zu Beginn hingen nur Salzgebers Baufirma mit einigen Gebäuden und eine Kletterhalle am Netz. Unter anderem aufgrund von bürokratischen Hürden ging der weitere Ausbau des Fernwärmenetzes jedoch nur mühsam voran. Die fünf Jahre bis zur erhofften Rentabilität: ein Wunschtraum.
«Ich sage immer, es war Dummheit oder Naivität, vielleicht auch ein bisschen Optimismus», erinnert sich der Unternehmer an das Projekt. Ganze neun Jahre dauerte es, bis das Fernwärmenetz schwarze Zahlen schrieb. Bis heute wird das Netz Jahr für Jahr weiter ausgebaut – und das bleibt nicht ohne Folgen. «Es ist ein bisschen wie mit einem Auto: Wenn man immer voll beladen und mit Vollgas fährt, ist der Verschleiss einfach grösser», erklärt Simon Salzgeber.
Der Beginn eines ambitionierten Projekts
Um die gestiegene Nachfrage zu decken, sollte die bestehende Anlage erweitert werden. Aber einfach mehr Wärme zu produzieren war für Simon Salzgeber nicht genug: «Mein Ziel war immer schon, dass unser Betrieb stromautark ist.» Befeuert durch nationale Sorgen der Winter-Stromlücke, nahm ein ambitioniertes Projekt seine Formen an.
Für seine gross angelegten Pläne suchte der Unternehmer einen innovativen Partner. In einem Gespräch unterbreitete er Anex-Geschäftsführer Thomas Gautschi seine Idee. Dieser erinnert sich: «Simon wollte mehr aus dem Holz bringen als nur Wärme und kam mit der Idee der Verstromung zu uns. Wir fanden es genial.» In engem Austausch mit Simon Salzgeber führte Anex Wirtschaftlichkeitsberechnungen durch – bis ein Projekt entstand, das der Unternehmer und seine Firma finanzieren konnten.
Strom und Wärme aus lokalen Ressourcen
Die neue Anlage soll die Energie aus zwei Quellen beziehen: ebenfalls aus Holzschnitzel und neu auch aus Altholz aus der Region. «Mit Ressourcen muss man schonend umgehen», erklärt Simon Salzgeber. «Wenn Holz ausgedient hat, wird es geschreddert und für unsere Anlage verwendet. So schliesst sich der Kreis.» Durch Holzvergasung, auch Pyrolyse genannt, wird aus dem Holz Strom erzeugt. Die Restwärme wird anschliessend in das Fernwärmenetz eingespeist oder für das Trocknen von Holzschnitzeln verwendet – und das zu 100%. Nichts wird verschwendet. «Das kennt man auch anders. Meistens wird zumindest ein Teil der Restwärme ausgekühlt. Da ist Simon sehr progressiv», erläutert Thomas Gautschi.
Die optimalen Umstände im Engadin
Eine solche Anlage eignet sich besonders gut im Oberengadin. Holz gibt es in der Region zur Genüge. Zudem ist aufgrund des hohen Anteils an älteren Gebäuden und der extrem niedrigen Temperaturen Feuer die effizienteste Energiequelle. Darüber hinaus wird im Winter sowohl mehr Strom als auch mehr Wärme gebraucht – vor allem im Engadin.
Vom Anex-Standort Chur aus ist Gesamtprojektleiter Franc Josef zuständig für das Projekt in den Bündner Bergen. Und das, voller Begeisterung: «Es ist eines der energetisch sinnvollsten Projekte. Alles ist da: Es werden sinnvolle Ressourcen lokal genutzt. Es wird Strom generiert, genau zum Zeitpunkt, zu dem er gebraucht wird und gleichzeitig mit einer dekarbonisierten Heizanlage Wärme produziert.»
Ein Projekt für die ganze Familie
Simon Salzgeber wollte das ambitionierte Projekt immer mit seinen eigenen Leuten durchziehen. Da kommt seine Tochter Cilgia Salzgeber ins Spiel. Nach ihrem Architekturstudium an der ETH trat sie in den elterlichen Betrieb ein und übernahm immer mehr Verantwortung im Projekt. Sie arbeitete an der architektonischen Lösung für die Anlage und zeichnete die Baueingabe für das Projekt. «Sie ist für uns extrem viel wert», erzählt Franc Josef. «Es war eine riesige Aufgabe für sie, aber Cilgia hat das gepackt. Sie kam rein und brachte Schub in das Projekt.»
Kein Weg ohne Steine
Nach der Baueingabe zog sich der Bewilligungsprozess jedoch lange hin. «Zum Schluss ging der Prozess fast zehn Monate – doppelt so lange, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist. Wir haben immer alles abgeliefert, doch immer wieder kam eine Nachfrage, wieder ein weiteres Dokument, noch eine Abklärung, die wir machen mussten», erinnert sich Simon Salzgeber. Eine Sache, die Thomas Gautschi Sorgen bereitet: «Bei öffentlichen Werken gehen diese Prozesse immer ganz schnell, aber sobald Private die Initiative ergreifen, wird es schwierig. Da muss noch einiges gehen, damit wir die Energiewende packen.»
Solche Verzögerungen können gravierende Auswirkungen auf Projekte dieser Art haben. «Es fehlte uns Planungssicherheit. Wäre ich reiner Spekulant, hätte ich das Projekt sicher nicht durchgezogen», meint Simon Salzgeber. Franc Josef merkt an: «S-chanf und Zuoz beheizen kann man sicher auch mit weniger Risiko und Geld. Andere Unternehmer hätten aufgegeben. Aber es ist die innere Überzeugung von Simon, die ihn dazu brachte, dranzubleiben.» Thomas Gautschi ergänzt: «Klar kann man es günstiger machen, aber nie mit dieser Nachhaltigkeit.» Genau deshalb entschied sich Anex, das ambitionierte Projekt getreu dem Leitmotiv «Gemeinsam in die Zukunft investieren» finanziell zu unterstützen.
Und plötzlich geht es ganz schnell
«Die lange Wartezeit war schon speziell. Aber uns war klar: Sobald die Bewilligung da ist, wird Simon auf die Tube drücken», erzählt Franc Josef. Und so war es dann auch: Neun Monate dauerte es vom ersten Spatenstich bis die neue Anlage aufgebaut war. «Es ist schon eindrücklich, wie einer so Gas geben kann», meint Franc Josef. «Wir haben gut zusammengearbeitet. Dafür kann ich mich nur bedanken und natürlich für die grosszügige Unterstützung von Anex», erwidert Simon Salzgeber.
«Es ist absolut bemerkenswert, was Simon macht - vor allem für die Energiewende. Das ist für mich echtes Unternehmertum.»
Das Holzverstromungsprojekt in S-chanf befindet sich momentan im Schlussspurt. Doch der Weg hierher war lang und Simon Salzgeber scheute kein Risiko und keine Kosten, um seinen Traum zu realisieren. «Es ist absolut bemerkenswert, was er macht – vor allem auch für die Energiewende. Das ist für mich echtes Unternehmertum», schliesst Thomas Gautschi.
Fragen zum Engagement im Engadin?
Haben Sie Fragen oder Anmerkungen zum Holzverstromungsprojekt in S-chanf? Oder interessieren Sie sich für detaillierte Informationen zu den Beteiligungen oder dem Anlagenprinzip? Dann freuen wir uns auf Ihre Kontaktaufnahme.
Thomas Gautschi
Geschäftsführer, Partner, VR
Energieberater NDSFH / Executive MBA